Sven Friedrich qualifiziert sich für die UCI WM in Trient 2022
Der Teamfahrer war erfolgreich beim UCI Gran Fondo in Villars-sur-Ollon, Schweiz
Am Pfingstsonntag um 8:30 Uhr ging es für Sven auf die 110 Kilometer lange Strecke in den Schweizer Alpen. Zusammen mit ca. 400 Startern mussten 4 Pässe mit insgesamt 2600 Höhenmetern bewältigt werden.
Das Rennen begann bei recht gutem Wetter mit einer neutralen Rennphase von ca. 1,6 km aus Villars heraus bis zum Einstieg in den Col de la Croix. Mit einer Länge von 7,5 km bei durchschnittlich 6,3 % Steigung war der Col de la Croix die erste Prüfung des Rennens und, wie erwartet, wurde das Feld hier schnell auseinandergezogen und in mehrere Gruppen aufgeteilt.
„Das Tempo war gleich zu Beginn des Rennens sehr hoch. Ich schätze, dass sich eine Gruppe von etwa 50-60 Fahrern vorne absetzte und als erste über den Gipfel rollte“, so Sven. „Ich war im hinteren Teil dieser Gruppe und verlor auf der anschließenden Abfahrt leider etwas den Anschluss. Zu allem Überfluss verlor ich noch meine beiden Getränkeflaschen, was sich im späteren Verlauf des Rennens leider negativ bemerkbar mache sollte“, so Sven weiter.
Unmittelbar nach der Abfahrt vom Col de la Croix stand der zweite Anstieg auf dem Programm – der Col du Pillon mit 4,7 km Länge und durchschnittlich 8,3 % Steigung. Hier versuchte Sven, den Rückstand auf die erste Gruppe wettzumachen und tat sich mit einigen Nachzüglern zusammen. „Leider ist es uns bis zum Gipfel nicht gelungen, vollständig heranzukommen. Ich würde sagen, dass uns ca. 1 Minute zur Spitzengruppe gefehlt hat“, so der Rheinhesse. Gleichwohl gelang es Sven mit einer kleinen Gruppe bestehend aus fünf Fahrern , im flachen Teil des Kurses wieder an die Spitzengruppe heranzufahren. „Das hat einige Körner gekostet“, beschrieb Sven diesen Teil des Rennens.
Gemeinsam mit der aus ca. 40-50 Fahrern bestehenden Spitzengruppe fuhr Sven dann bis hin zum Col des Mosses, dem dritten und mit mehr als 20 km Anstieg längsten Berg des Rennkurses. Etwa 5 km vor dem Anstieg setzten Gewitter ein und es begann zu regnen, erst leichter, dann immer heftiger. Bei widrigsten Bedingungen bogen die Rennfahrer von der Hauptstraße links auf einen engen Bergpass ab, an welchem sofort heftig beschleunigt wurde. Der Einstieg in den Col des Mosses ist ziemlich steil, etwa 8-10 % auf den ersten km. Hier verlor Sven erneut den Anschluss an das vordere Feld. „Ich war in der Abbiegung zum Pass zu weit hinten und schaffte es daher nicht, an der Gruppe vorne dran zu bleiben. Ich fand dann eine kleine Gruppe aus etwa 5-6 Fahrern, mit welcher wir den gesamten Berg hoch und mit den Großteil wieder abgefahren sind. Wir kamen jedoch, trotz aller Anstrengungen, nicht mehr an die erste Gruppe heran, obgleich wir sie des Öfteren vor uns herfahren sahen“, berichtete Sven.
Der Col des Mosses ist ein sehr „archaischer, alpiner“ Berg, der, teilweise durch schattige Wälder führend, auf engen Gebirgsstraßen mit teils sehr schlechtem Asphalt sowie Steinen und Wurzeln auf der Straße und dunklen Tunneln das ein oder andere Problem für die Fahrer darstellte. Einige fanden hier infolge technischer Defekte sogar ihr Rennende.
Bei Gewitter und starkem Regen überquerten die Rennfahrer den Berg und kamen dann wieder auf eine Hauptstraße, die nach etwa 2 km zum KOM führte. Dort setzte auf einmal Hagel ein und es wurde flugs richtig kühl und unwirtlich. Zudem quälte Sven immer wieder der Durst, doch es gab auf der gesamten Strecke keine neutrale Verpflegungsstation, an welcher er sich neue Trinkflaschen hätte geben lassen können. „Die Helfer anderer Teams wollten mir keine Flasche geben und zogen zurück, als ich darum bat. Keine schöne Erfahrung,“ so Sven. Gewiss, FairPlay sieht anders aus!
Mit fünf Fahrern ging es für Sven dann in die Abfahrt des Col des Mosses. Die Spitzengruppe war bereits außer Reichweite; 1,5 Minuten vor der Gruppe um Sven, laut Aussage eines Zuschauers. Auf der Abfahrt – ziemlich am Ende – kam Sven dann in einer Kehre zu Fall, da er aus dieser Kurve hätte nach links abbiegen müssen und Sven zu spät registrierte, dass er viel zu schnell dafür war. Auf regennasser Straße konnte er so nicht mehr rechtzeitig bremsen. „Der Sturz verlief Gott sei Dank glimpflich ab, mit leichten Schürfwunden an den Beinen und der Schulter“, erklärte Sven.“ „Zudem schützte mich der Helm vor dem Aufprall auf den Fels, der sich am Rand der Straße befand. Die Knie und der Rücken taten weh, aber ich war froh, dass nicht mehr passiert war“, so Sven weiter. Es dauerte gut 2-3 Minuten, bis er die Fahrt – nach Rücksprache mit einer Polizistin, die sich um ihn kümmerte – fortsetzen konnte. Natürlich waren zwischenzeitlich einige andere Fahrer an ihm vorbeigefahren und seine Gruppe war längst fort. Eine andere Gruppe war nicht mehr in Sicht, so dass er die letzten Kilometer allein zum nächsten und letzten Anstieg des Tages bewältigen musste. Dieses Mal war es die Rückseite des Col de la Croix mit einer Länge von 8,2 km und durchschnittlich 7,5 % Steigung. Ja, da hat man schon kein Glück (verlorene Flaschen) und dann kommt auch noch Pech hinzu (Sturz). Der Spruch passt hier wie die Faust aufs Auge.
Auf der Anfahrt zum Berg war der Regen nicht mehr so stark bzw. hörte sogar zeitweise auf und es wurde wieder etwas wärmer. Allerdings war der Durst noch immer da und die Kräfte waren infolge der Ereignisse schon ziemlich aufgezehrt, aber irgendwie musste sich der Rheinhesse den Berg hoch ins Ziel quälen. „Das war nicht mehr ein Berghochfahren, wie ich es von mir kenne, sondern nur noch ein einziger Kampf gegen den inneren Schweinehund und die drohende Aufgabe. Zu meinem Erstaunen überholte ich sogar noch einige Fahrer, wurde aber auf dem letzten km selbst noch eingeholt. Zum Glück waren es jüngere Fahrer, dachte ich mir, da diese im Hinblick auf das Klassement keine Gefahr für mich darstellten“, berichtete Sven.
„Als ich oben im Ziel angekommen war, fühlte sich das wie eine Erlösung an. Und endlich gab es etwas zu trinken“, erzählte Sven. Allerdings war das noch nicht das Ende – die Fahrer hatten noch die lange Abfahrt nach Villars vor sich. Eigentlich ist diese kein Problem, aber inzwischen hatten wieder heftige Gewitter mit Regen und Hagel eingesetzt. „Alle, die wir dann hinunterfahren mussten, sind total durchgefroren, durchnässt und erschöpft unten angekommen. Jeder sehnte sich nach einer heißen Dusche und trockener Kleidung,“ beschrieb Sven den Gefühlszustand der Fahrer auf der letzten „Etappe“ nach dem Rennen.
Der Erfolg nach all der Quälerei: 3. Platz in der AK 45-49 (47 Teilnehmer) und insgesamt 43. Somit auch die Qualifikation für die UCI Gran Fondo World Championship im italienischen Trentino. Herzlichen Glückwunsch!